Studie: Digitalisierung senkt Kostenpositionen in Maschinenbaubranche

Autor: Duran Sarikaya
Datum: 08.06.2016

„Die Zeiten für Maschinenbauer werden anspruchsvoller“

Eine gemeinsam durchgeführte Studie von Mckinsey und dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) offenbart, dass europäische Maschinenbauer wirtschaftlich gut dastehen. Unternehmen der Branche erwirtschaften zwischen 2010 und 2014 durchschnittlich 10% Bruttoumsatzrendite und wuchsen jährlich stetig um 7%, so das zentralen Ergebnisse der aktuellen Untersuchung „How to succeed: Strategic options for European machinery“. Des Weiteren zeigt die Studie auf, dass sich vor allem drei Trends im Maschinenbau in den kommenden Jahren durchsetzen werden. Zu einem werden sich die Wachstumschancen von großen Schwellenmärkten wie Lateinamerika, China und Russland zu kleineren Märkten sowie von Hardware zu Software und Service verschieben. Zudem wird die Digitalisierung die Branche verändern und prägen. Abschließend müssen Maschinenbauer flexibler werden, indem sie mit Kunden und Wettbewerbern stärker kooperieren und Digitalexperten an sich binden. Die Untersuchung basiert auf einer Umfrage unter 215 Maschinenbaufirmen aus 18 europäischen Ländern sowie auf mehr als 20 geführten Interviews mit Entscheidungsträgern aus der Industrie.

Im internationalen Vergleich der weltweiten Maschinenproduktion liegt China mit 38% auf dem ersten Rang. Mit einem Ergebnis von 26% folgt Europa und die USA schließt mit 14% die Top drei ab. „Europas Stärken liegen in den hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern und der daraus folgenden Produkt- und Servicequalität“, erklärt Wolff van Sintern, Seniorpartner bei McKinsey und Co-Autor der Studie. Allerdings können amerikanische Anbieter durch kreative Geschäftsmodelle und ständige Neuerungen punkten. Chinesische Wettbewerber wiederum haben einen Kostenvorteil und führen neue Produkte schnell in den Markt ein.

Die Studie zeigt zudem auf, dass europäische Unternehmen im Schnitt zwei Drittel ihres Umsatzes außerhalb des jeweiligen Heimatlandes erwirtschaften. Den größten Markt stellt Europa dar, welches für rund 60% der Umsätze steht. Zugleich werden immer noch drei Viertel der Maschinenbauer in ihrem Heimatland beschäftigt. „Für unsere exportstarke Industrie sind freie Marktzugänge sehr wichtig. Insbesondere schränken nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie unterschiedliche Standards und Zertifizierungen den freien Handel ein. Es entstehen dadurch für uns Mehrkosten. Von einem erfolgreichem TTIP-Abschluss und einer Vereinheitlichung würde der europäische Maschinenbau daher stark profitieren“, sagt Karl Haeusgen, VDMA-Vize-Präsident.

„Die Zeiten für Maschinenbauer werden anspruchsvoller“, resümiert Dorothee Herring, Partnerin bei McKinsey und Co-Autorin. „Durch die schwächeren Wachstumsaussichten insbesondere in China, Russland und Lateinamerika reicht es in Zukunft nicht mehr, mit dem Markt zu wachsen. Unternehmen müssen ihren Konkurrenten entweder Marktanteile abnehmen, neue Märkte wie beispielsweise die ASEAN-Staaten erobern oder ihre Angebote durch Services verbreitern.“
Auch Digitalisierung bietet Maschinenbauern neue Chancen die Branche voranzubringen und auch kostengünstiger zu werden. So werden neue Geschäftsmodelle, welche auf Daten basieren, 2020 mehr als 10% zum Umsatz beitragen, bisher sind es lediglich 3%. Im ersten Schritt erwarten Unternehmen durch die Digitalisierung vor allem eine Verbesserung ihrer Kostenpositionen um 5 bis 10 Prozentpunkte. Allerdings ist der Weg dahin noch weit. So gaben rund ein Fünftel der befragten europäischen Unternehmen an, bereits neue Geschäftsmodelle aufgebaut zu haben, ein Drittel hat Digitalisierung dabei nicht einmal in seinem unternehmerischen Fokus gefasst. Zudem geht jedes zweite Unternehmen davon aus, dass Expertise in der Softwareentwicklung zu den wichtigsten Einstellungsmerkmalen in den kommenden fünf Jahren gehören wird. „Der Maschinenbau ist gut vorbereitet und stellt sich der Herausforderung Industrie 4.0. Entscheidend für den Erfolg sind aber auch gute politische Rahmenbedingungen wie eine lückenlose Breitbandinfrastruktur, Rechtssicherheit in Bezug auf Big Data und der Schutz geistigen Eigentums“, sagt Thilo Brodtmann, VDMA-Hauptgeschäftsführer und Co-Autor der Studie.

Laut Umfrageergebnisse werden neue Werkstoffe und Verfahren (44%), Digitalisierung (39%) und die flexible Anpassung an neue Marktbedingungen (45%) den größten Einfluss auf die Organisationsstrukturen der Firmen haben. „Agilität – also die Fähigkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren – wird in Zukunft zu einem entscheidenden Wettbewerbsfaktor“, erklärt McKinsey-Partnerin Herring.