Automotive: Große Wertschöpfungspotenziale im Zukunftsfeld Elektromobilität

Autor: Duran Sarikaya
Datum: 10.12.2015

Fraunhofer-Studie: Eigenfertigung für Unternehmen lohnt sich und kann Gewinn steigern

Eigenfertigung lohnt sich und Outsourcing birgt Risiken. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie „Wertschöpfung lohnt“ der Hochschule Karlsruhe und des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI. Es wurde untersucht, wie die Wertschöpfungsketten von mittelständischen deutschen aufgebaut sind und welche Chancen und Risiken damit einhergehen. Die Studie wurde von Ministerium für Finanzen und Wirtschaft Baden-Württemberg gefördert Studie. Ein wesentliches Ergebnis ist der signifikant positive Einfluss auf Wertschöpfungstiefe, Gewinn und Produktivität. Die Studie empfiehlt Outsourcing-Aktivitäten zu ausländischen Zulieferern zunehmend kritisch zu hinterfragen.

Laut den Studienautoren setzen besonders Baden-württembergische Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes bereits heute auf eine überdurchschnittlich hohe Wertschöpfungstiefe, sollten diese aber für Zukunftsfelder wie etwa die Elektromobilität noch weiter ausbauen. „Auch die Studie macht deutlich: Die baden-württembergischen Industrieunternehmen sind auf dem richtigen Kurs. Sie setzen auf die eigene regionale Wertschöpfung und sind auch deswegen im Wettbewerb ganz vorne dabei“, sagte Nils Schmid, Minister für Finanzen und Wirtschaft.

Der Leiter der Studie und des ILIN, Prof. Dr. Steffen Kinkel, bilanziert, „Die Ergebnisse zeigen eindeutig, dass sich der Auf- und Ausbau eigener Wertschöpfung aus wirtschaftlicher Sicht lohnt und Unternehmen Gewinn- und Produktivitätspotenzial verschafft.“ Der Import von Vorleistungen liefert dagegen keinen deutlichen Potenzialbeitrag. Die Studie analysiert damit auch einhergehende Konsequenzen für das Zukunftsfeld Elektromobilität.

Mit knapp 39 % in 2013 lag die mittlere Wertschöpfungstiefe des Verarbeitenden Gewerbes in Baden-Württemberg signifikant über dem deutschen Durchschnitt. Im Rahmen des Projektes führte das Statistische Bundesamt eine Modellanalyse von Kostenstrukturdaten durch. Diese zeigt, dass mit einer Erhöhung der Wertschöpfungstiefe um einen Prozentpunkt eine Gewinnsteigerung um 0,2 Prozentpunkte einhergeht. Zudem werde die Gesamtfaktorproduktivität und die Arbeitsproduktivität sehr positiv von der Wertschöpfungstiefe beeinflusst.

Die Studie stellt zudem keinen positiven Zusammenhang zwischen dem Vorleistungsimport von Zulieferern aus dem Ausland und der wirtschaftlichen Entwicklung eines Unternehmens fest. „Kostenreduzierungspotenziale bei Fremdbezug werden durch höhere Koordinationsaufwendungen kompensiert, um die flexible Reaktions- und Lieferfähigkeit in der Lieferkette abzusichern“, erläutert Dr. Oliver Prause, Vorsitzender des Vorstands des Instituts für Produktionserhaltung e. V. (Infpro). Zwar sei in den letzten Jahren der Zuwachs des Importanteils der Vorleistungen im Verarbeitenden Gewerbe Deutschlands zu verzeichnen, doch auch die Strategie des „local sourcing“ sei weiterhin fest verankert. Tendenziell würden niedrigere Preissegmente und große Losgrößen mit geringer Varianz in Fernost bezogen, bei kleineren Stückzahlen und kundenspezifisch variierenden Anforderungen seien laut Autoren Lieferanten aus dem asiatischen Raum oft nicht flexibel genug.

Dr. Djerdj Horvat, Projektleiter am Fraunhofer ISI, fasst zusammen: „Unternehmen des Typs `local maker´ verbinden erfolgreich die Produktivitätsvorteile einer hohen eigenen Fertigungstiefe mit den Flexibilitätsvorteilen eines hohen Vorleistungsbezugs aus dem lokalen Umfeld“ (siehe Abbildung).

Wertschöpfung lohnt

Wertschöpfung lohnt

Unternehmen des Typs „local maker“ verbinden erfolgreich die Produktivitätsvorteile einer hohen eigenen Fertigungstiefe mit der Flexibilität eines hohen Vorleistungsbezugs aus dem lokalen Umfeld.

Die Studien ist für Mittelständler auch relevant, weil es in der deutschen Automobilindustrie durch den Wandel hin zur Elektromobilität zu neuen Wertschöpfungsstruktur kommen kann. Zurzeit entfällt etwa ein Viertel der Wertschöpfung fossil betriebener Pkw auf den Antriebsstrang. Zukünftig bestehen Potenziale in Deutschland und Baden-Württemberg insbesondere bei Elektromotoren, Leistungselektronik und Leichtbau. Allerdings stehen dem Schwächen bei Traktionsbatterien wie auch Brennstoffzellen gegenüber. Wird die Elektromobilität weiter stark entwickelt, droht ein inländischer Wertschöpfungsverlust in Höhe von 19 Prozent im Vergleich zu einem konservativen Szenario. Dies seien nach den Erkenntnissen der Studie eine Gewinnreduktion von 3,8 Prozent.