Währungsrisiken ! Warum Handlungsbedarf besteht …

Sicher durch die Währungsschwankung navigieren

Marc Kloepfel von Kloepfel Consulting erläutert, warum bei Währungsschwankungen Handlungsbedarf besteht und wie die Absicherung von Währungsrisiken funktioniert.

Blog-Redaktion: Warum müssen Währungsschwankungen abgesichert werden?

Marc Kloepfel: Letztlich geht es um Planungssicherheit. Durch schwankende Wechselkurse wird der internationale Handel deutlich beeinflusst. Durch starke Wechselkursschwankungen sind die Einnahmen und Kosten eines internationalen Handelsgeschäfts nicht mehr kalkulierbar. Ändert sich der Wechselkurs zwischen Vertragsabschluss und Lieferung deutlich, hat das für das eine Unternehmen mit einem Schlag höhere Verluste, für das andere Unternehmen höhere Gewinne zur Folge. Dies war auch ein Grund dafür den Euro einzuführen. Im Euro-Raum selber schwankt die Währung Euro eben nicht.

Sollten den Unternehmen beispielsweise bei einem schwachen Euro darauf verzichten, im Dollarraum einzukaufen?

Im Kern empfiehlt es sich bei schwachen EUR mehr im EUR-Raum – und bei starken EUR mehr im USD-Raum einzukaufen. Trotz dessen sollten sich Einkäufer keinesfalls überstürzt aus dollarorientierten Ländern zurückziehen. Es geht eher darum, eine langfristige Strategie zu entwickeln. Diese enthält beispielsweise SecondSources und meidet Abhängigkeiten. Das Global Sourcing der eigenen Kunden zwingt Mittelständler dazu, die Produktivitäts- und Lohnkostenvorteile der Schwellenländer auch selber zu nutzen, um im Wettbewerb zu bestehen. Trotz Vorteilen des Global Sourcings lassen sich die damit verbundenen Wechselkursrisiken nicht bestreiten. Im Schnitt sichert jedes zweite Unternehmen keine Währungsrisiken ab. Doch diese lassen sich absichern.

Wie?

Ein wichtiger Punkt ist das natürliche Hedging (Hedging = Absicherung). Natürliches Hedging bedeutet, ich habe beispielsweise Forderungen und Verbindlichkeiten im Dollarraum, da ich hier einkaufe bzw. verkaufe. In diesem Fall heben sich die Kursrisiken des Dollarkaufs bzw. -verkaufs auf. Hat das Unternehmen viele Kunden im Dollarraum, sollte der Einkauf möglichst in gleichem Maße im Dollarraum beschaffen. Natural Hedging ist für viele deutsche Unternehmen der mit Abstand größte Hebel zur Reduzierung von Währungskursrisiken.

Welche Möglichkeiten gibt es noch, global zu beschaffen, ohne Verluste durch Währungsschwankungen einzufahren?

Das Währungshedging ist eine Möglichkeit. Als Währungshedging werden Währungstermingeschäfte bezeichnet, bei denen etwa ein definierter Betrag von beispielsweise US-Dollar zu einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft zu einem vorher festgelegten Kurs verkauft wird. Man verkauft also bereits heute die Devisen, die später eingenommen werden, an eine Bank. Man spricht hier vom Leerverkauf. Der Unternehmer geht zu seiner Bank und lässt sich für ein Jahr lang auf alle seine Exportgeschäfte beispielsweise einen festen Euro/Dollar-Kurs garantieren. Nach einem Jahr bekommt er seine Erlöse genau zu diesem Wechselkurs ausbezahlt. Das geht beispielsweise so: Wenn ich eine offene Forderung in Fremdwährung haben werde, kaufe ich Devisenfutures in dem Umfang, in dem meine offene Forderung und deren Fälligkeit bestehen werden. Dadurch sichere ich mir als Exporteur schon heute den Wechselkurs für die zukünftig durch den Abnehmer zu zahlenden Devisen. Damit lässt sich der Wechselkurs quasi einfrieren.

Was ist der Unterschied zu Optionen?

Im Gegensatz zu Futures geht man bei Optionen keine Verpflichtungen ein, die Option zu einem im Voraus bestimmten Preis zu verkaufen (Call) oder zu kaufen (Put), wenn der Kurs der Währung über dem Verkaufs- bzw. unter dem Verkaufspreis liegt. Es handelt sich ausdrücklich um ein Recht und um keine Pflicht. Das Unternehmen kann mit Hilfe von Optionen einen minimalen Wechselkurs absichern und erhält daher einen Mindestbetrag mit der Möglichkeit auf Steigerung. Während bei den Futures eine Pflicht besteht, das Unternehmen aber heute schon einen fixen Wechselkurs erhält und daher mit Sicherheit einen bestimmten Betrag zu erlösen. Futures sind günstiger als Optionen. Aber Futures verlangen ein höheres Volumen, binden Kapital und sind zudem aufwendig im Unterhalt. Bei Futures muss ein Margenkonto unterhalten werden, dem täglich Wertgewinne und -verluste verbucht werden. Das Unternehmen muss einen Mindeststand auf dem Konto unterhalten: Fällt der Saldo unter das Minimum, muss Kapital nachgeschossen werden. Das Margenkonto stellt daher höhere Anforderungen an die Liquiditätsplanung eines Unternehmens dar.

Bei Mini-Futures entfällt der Unterhalt eines Margenkontos und eine Barriere begrenzt die Verluste nach unten. Mini-Futures haben zudem eine Hebelkomponente. Das Unternehmen muss nur einen Bruchteil des notwendigen Kapitals zum Kauf des Mini-Futures einsetzen. Die Kosten und die recht komplexe Konstruktion machen die Mini-Futures jedoch weniger attraktiv.

Währungsrisiken

Werden eher Futures oder Optionen genutzt?

Kleinere Unternehmen nutzen vorzugsweise die Optionen. Sowohl bei Put-Optionen als auch ihrem Gegenstück aus dem Reich der strukturierten Produkte, den Put-Warrants, sichert sich die Firma einen Mindestpreis. Im Gegensatz zu den standardisierten, börsenkotierten Optionen haben Warrants den Vorteil, dass sie – in Bezug auf Laufzeit, Größe und Mindestwechselkurs – auf die spezifischen Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnitten werden können.

Was sind die Risiken des Währungshedgings und welche Alternativen gibt es?

Das Währungshedging ist eine einfache Antwort auf Währungsschwankungen, aber nur für kurzfristige Absicherungen und relativ teuer. Es ist jeweils zwischen erwarteter Rendite und akzeptablem Risiko abzuwägen. Zudem ist Hedging ein komplexer Vorgang und für Laien nicht zu empfehlen. Eine andere einfache Lösung ist, dass man im Rahmen des Global Sourcing Lieferanten verschiedener Währungsregionen sucht. Das ist besonders sinnvoll, wenn Unternehmen auf die Zulieferung wichtiger Komponenten angewiesen sind. So kann man die Kursentwicklung vorwegnehmen und ausbremsen. Man sucht sich rechtzeitig Lieferanten aus dem Euro- als auch Lieferanten aus dem Dollarraum. Bei starkem Euro wird der Lieferant im Dollarraum stärker berücksichtigt, bei schwachem Euro der Lieferant in der Eurozone. Dabei muss man vorausschauend einkaufen. Dreht der Kurstrend, kann es zu spät sein, da Lieferantenfreigaben in der Regel mehrere Monate, teilweise Jahre dauern.

Wo liegen die Grenzen beim Absichern von Währungsrisiken ?

Unternehmen können sich zwar gegen Währungsschwankungen absichern; ändern sich die Kurse aber zu schnell und sind die Schwankungen zu stark, funktioniert das nicht mehr. Dann wird es schwierig für die Firmen, langfristig zu kalkulieren und länger laufende Verträge abzuschließen.

Warum sollte man welche Währung als Vertragswährung festlegen?

Das Festlegen auf eine Vertragswährung erleichtert es dem Einkauf, die eingereichten Angebote rasch zu vergleichen. Ob in der schwächeren Währung eingekauft wird, hängt im Übrigen auch von der Warengruppe ab. Milch beispielsweise muss ich als deutsches Unternehmen in der Eurozone einkaufen, da längere Transportwege aus dem Dollarraum zu Lasten der Haltbarkeit gehen würden. Ein weiterer Faktor ist die Macht von Lieferanten, die je nach Warengruppe erheblich variiert. Mit einem weniger mächtigen Unternehmen kann man sich im Zweifel eher auf die gewünschte Währung einigen als mit einem mächtigeren Unternehmen. Für Warengruppen mit langen Vertragslaufzeiten ist die Vermeidung von Währungsrisiken unverzichtbar. Wenn man erwartet, dass die eigene Währung steigt, dann versucht man diese als Vertragswährung durchzusetzen. Doch letztlich ist das Spekulation. Weswegen man eher auf Währungshedging, Natural Hedging oder die Streuung von Lieferanten auf verschiedene Währungsregionen setzen sollte. Bei kurzfristigen Verträgen zählt bei der Wahl der Vertragswährung eher der unmittelbare Kostenvorteil zum Zeitpunkt der Transaktion.

Bieten die aktuelle Krise in Europa und die nervösen Finanzmärkten auch Chancen?

Ja, in jedem Fall. Unternehmen sollten die Gewitterwolken rechtzeitig erkennen und neue Märkte außerhalb Europas angehen. Beispielsweise werden die Wachstumsmärkte Indien, Brasilien, Südafrika oder Korea immer interessanter für die deutsche Exportwirtschaft. Hier kann man Verluste im Geschäft mit den Euro-Krisenländern kompensieren. Desweiteren müssen Währungs- aber auch Zinsrisiken verstärkt abgesichert werden. Zudem sollten Unternehmen ihre Kunden stärker an der Risikovorsorge beteiligen, Forderungen umstrukturieren, Liquidität durch Einkaufsoptimierung sichern und Lagerbeständen optimieren. Jedoch laufen derzeit die Maschinen unserer Kunden weiter. Und keiner unserer Kunden schließt Werke in Spanien oder Griechenland.