Franken-Kredite im Schnitt um 33.000 Euro teurer geworden

Finanzexperte kritisiert Wien und Niederösterreich scharf

Franken-Kredite im Schnitt um 33.000 Euro teurer geworden

Rund 6.000 österreichische Haushalte werden noch 2015 die Auswirkungen der Franken-Freigabe in ihrem eigenen Geldbörsel zu spüren bekommen. Finanzexperte Werner Doralt hat scharf kritisiert, dass die Bundesländer Wien und Niederösterreich die Folgen der Franken-Aufwertung auf ihre Verbindlichkeiten nicht ausweisen.

Wien. Im Schnitt werden sie für ihren Frankenkredit um 33.000 Euro mehr zurückzahlen müssen, als ohne Aufwertung. Laut FMA werden heuer nämlich 4 Prozent der Fremdwährungskredite fällig, in Summe sind es rund 1,2 Milliarden Euro.

Laut Finanzmarktaufsicht FMA hat sich das Volumen der Frankenkredite durch die Franken-Aufwertung um 20 Prozent von 24,7 (per Ende September 2014) auf über 29 Mrd. Euro erhöht. Dadurch hat sich auch die Rückzahlungssumme für die Kreditnehmer, die schon heuer zurückzahlen müssen, rein rechnerisch um rund 200 Millionen Euro erhöht. Davon betroffen sind etwa auch 4 Prozent jener rund 150.000 Haushalte, die trotz der Warnungen der FMA noch immer einen Fremdwährungskredit besitzen, also rund 6.000 Haushalte, vorwiegend Häuslbauer.

Die Vergabe von Frankenkredite an private Haushalte in Österreich und auch in Osteuropa sei für die österreichischen Banken „kein Ruhmesblatt“, meint FMA-Vorstand Helmut Ettl am Dienstag im Klub der Wirtschaftspublizisten. „Alle Warnungen haben nichts gefruchtet“, so Ettl. In Österreich habe es sogar während der Zeit der Warnungen einen „Run“ gegeben. Eingriffsmöglichkeiten hätte die FMA keine gehabt. Auch sei man verwundert, dass in den letzten Jahren nicht mehr konvertiert worden sei, obwohl klar gewesen sei, dass die jetzt aufgehobene Mindestgrenze der Schweizer Nationalbank eine rein binnenwirtschaftliche Maßnahme gewesen sei.

Derzeit gebe es aber „keinen Grund für Panik“, so Ettl weiter, die Frankenkredit-Besitzer sollten sich allerdings rasch mit ihrer Bank in Verbindung setzen, um über für sie maßgeschneiderte Lösungen zu beraten. „Patentrezept gibt es keines“, so Ettl.

„Die Kursverluste überwiegen jetzt bei weitem die Zinsvorteile“, meinte FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller. Auch die Mehrheit der Tilgungsträger dürfte heute weniger wert sein. „Viele Kreditnehmer werden für ihre Rückzahlungen jetzt wohl länger brauchen als ursprünglich vereinbart“, meinte Kumpfmüller.

Das gesamte private Fremdwährungsvolumen hat laut FMA seit dem Neuvergabestopp 2008 von 36,1 Milliarden Euro auf 25,7 Milliarden Euro im September 2014 abgenommen. Davon entfallen 24,7 Milliarden auf Frankenkredite. Wechselkursbereinigt bedeute dies ein Minus von 45 Prozent. Durch die Franken-Freigabe habe sich das Volumen der Frankenkredite nunmehr wieder auf rund 29 Milliarden Euro erhöht. 120.000 Haushalte hätten kein Fremdwährungsrisiko mehr, entweder weil sie ausgestiegen seien oder ihren Kredit schon zurückgezahlt hätten.

Innerhalb der kommenden ein bis fünf Jahre werden laut FMA weitere 15 Prozent der Fremdwährungskredite fällig, in fünf bis zehn Jahren 22 Prozent, in zehn bis 15 Jahren 25,8 Prozent, in 15 bis 20 Jahren 29,7 Prozent und in über 20 Jahren die restlichen 3,5 Prozent. Mehr als die Hälfte der Kredite wird also erst in über zehn Jahren fällig. Mit 73,6 Prozent ist der größte Teil der Fremdwährungskredite endfällig mit Tilgungsträger, 6,6 Prozent sind endfällig ohne Tilgungsträger und 19,8 Prozent abstattend.

Die beiden FMA-Vorstände halten es für nicht ausgeschlossen, dass den österreichischen Banken auch in anderen osteuropäischen Ländern – ähnlich wie in Ungarn – staatliche Maßnahmen zur Unterstützung der Kreditnehmer drohen. „Das wird sich in den nächsten Wochen zeigen“, meinte Ettl.

Kroatien hat bereits – wie die APA heute berichtet – seine Kreditnehmer in Schutz genommen, und per Regierungsbeschluss den Frankenkurs für ein Jahr eingefroren. Die Kursdifferenz müssen die Geschäftsbanken tragen. Auch die polnische Notenbank hält Extra-Maßnahmen für nötig.

Finanzexperte Werner Doralt kritisiert Wien und Niederösterreich

Finanzexperte Werner Doralt hat scharf kritisiert, dass die Bundesländer Wien und Niederösterreich die Folgen der Franken-Aufwertung auf ihre Verbindlichkeiten nicht ausweisen. Gebietskörperschaften dürften bei der Rechnungslegung nicht anders behandelt werden als Unternehmen, dass sie den Schaden durch den stärkeren Franken nicht zeigten sei „unverantwortlich“ und „Scharlatanerie“.

„Ich kann nicht sagen, ich weise diese Verluste nicht aus, weil ich den Kredit verlängern kann“, rügte Doralt im Ö1-Mittagsjournal des ORF-Radio. Unternehmer müssten die Verbindlichkeiten jetzt in der neuen Höhe ausweisen, auch wenn der Kredit noch 30 Jahre laufe, und dies sollte auch für Gebietskörperschaften gelten, fordert Doralt.

Konkret ist der Schuldenstand der Gemeinde Wien durch den stärkeren Franken um 300 Mio. Euro gestiegen, die Frankenschuld betrage jetzt fast zwei Mrd. Euro, das seien rund 40 Prozent der Gesamtschuld der Bundeshauptstadt. Dass die Wiener Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) darin kein Problem sehe und dies nicht ausweisen werde, weil die Kredite verlängert werden könnten, ist laut Doralt ebenso unverantwortlich wie das Vorgehen des niederösterreichischen Finanzstadtrats Wolfgang Sobotka (ÖVP). Denn auch das Land Niederösterreich sitze auf Frankenkrediten im Wert von 900 Mio. Euro, das seien 30 Prozent der Gesamtschulden, und habe erst vor drei Monaten zwei Frankenanleihen über zusammen 300 Mio. Euro begeben, heißt es im Mittagsjournal. In Niederösterreich sei das Vorgehen noch dazu durch ein Landesgesetz legitimiert: „Wenn das Landesgesetz das zulässt, sind wir in dieser verantwortungslosen Situation, wo man Verluste, die eingetreten sind, nicht ausweisen muss – das ist Scharlatanerie“, empört sich Doralt.

Die Freigabe des Franken-Euro-Kurses durch die Schweizer Notenbank (SNB) und die damit verbundene drastische Aufwertung des Schweizer Franken hat in Österreich Frankenkredite deutlich verteuert. Verhandlungen über einheitliche Finanzregeln in Bund und Ländern seien im Laufen, heißt es im Finanzministerium.

Mehr Schweizer in Österreichs Hotels erwartet

Die Aufgabe der Franken-Bindung an den Euro durch die Schweizerische Nationalbank hat zu einer massiven Aufwertung des Franken geführt. Für die Schweizer ist Urlaub in Österreich nun um bis zu 20 Prozent billiger. Die Hotellerie erwartet ein spürbares Gästeplus. „Wir rechnen jetzt mit einem Schub“, sagte Branchensprecherin Petra Nocker-Schwarzenbacher laut „WirtschaftsBlatt“ (Dienstagsausgabe).

Bei den Schweizer Hoteliers stünden die Telefone derzeit still. „Wir saugen derzeit den Markt ab“, so die Obfrau der Bundessparte Tourismus in der Wirtschaftskammer Österreich. Derzeit machten die Schweizer rund 9 Prozent aller Nächtigungen in Österreich aus. „Das ist eine große Gruppe.“ Zwischen 2008 und 2013 sei die Zahl der Übernachtungen durch Schweizer Urlauber bereits um 29 Prozent gestiegen.

Nicht nur die Bundesländer nahe der Schweiz, wie Tirol oder Vorarlberg, sondern auch Wien und Salzburg profitierten von den gestiegenen Schweizer Nächtigungen, wird die Sprecherin der Tourismusmarketing-Organisation Österreich Werbung, Ulrike Rauch-Keschmann, zitiert.

Franken-Kredite im Schnitt um 33.000 Euro teurer geworden

Schweizer Manager sorgen sich um Wettbewerbsfähigkeit

Fast die Hälfte von 78 befragten Managern macht sich wegen des Erstarkens des Franken große Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens. Dies geht aus einer Umfrage des Beratungsunternehmens Kloepfel Consulting hervor.

Der Berater befragte vom vorigen Freitag bis Montag branchenübergreifend 78 Schweizer Einkaufsmanager und Geschäftsführer mittels einer Online-Umfrage. Sie wurden gefragt, wie sie die Folgen der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizer Nationalbank am vergangenen Donnerstag einschätzen.

Dabei gaben 43 Prozent der Teilnehmer an, sich große Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit ihres Unternehmens zu machen, wie das Beratungsunternehmen am Dienstag mitteilte. Jeder Fünfte befragte Manager machte sich „etwas Sorgen“.

Knapp ein Viertel machte sich demgegenüber gar keine Sorgen um die Wettbewerbsfähigkeit. 13 Prozent der Befragten wollten noch keine Aussage wagen: Sie gaben an, die Entscheidung der Nationalbank noch nicht voll einschätzen zu können.

Die meisten Befragten waren Einkaufsleiter (37 Prozent) oder Geschäftsführer (23 Prozent). Die restlichen Umfrage-Teilnehmer waren operative Einkäufer, strategische Einkäufer oder operative Chefs.

Finanzchefs von Mindestkurs-Aufhebung überrascht

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat die Finanzchefs der Schweizer Unternehmen auf dem falschen Fuß erwischt. Kaum einer hatte mit der Aufhebung der Kursuntergrenze gerechnet, wie eine am Dienstag veröffentlichte Studie des Beratungsunternehmens Deloitte zeigt.

In der im Dezember durchgeführten Umfrage haben nur gerade drei von 129 befragten Finanzchefs auf Ende 2015 mit einem Euro-Wechselkurs von unter 1,20 Franken gerechnet. Von Herbst 2011 bis Frühling 2013 gingen deutlich mehr Finanzchefs davon aus, dass die SNB innerhalb eines Jahres die Kursuntergrenze fallen lässt.

Laut einer hypothetischen Frage, die den Finanzchefs bei der Umfrage zum dritten Quartal gestellt wurde, gingen diese damals von einem Euro-Wechselkurs von 1,12 Franken für Ende 2015 aus, sollte die Untergrenze fallen. Einen Kurs von 1,10 Franken sahen damals 67 Prozent als Nachteil für das Unternehmen. Ein Paritätskurs von 1 Franken für einen Euro wurde von 82 Prozent als nachteilig bewertet.

Aber auch ohne diese zusätzliche und nicht absehbare Belastung für die Unternehmen, zeigten sich die Finanzchefs bei der neuesten Umfrage deutlich pessimistischer als zuvor. Die Zahl jener, die sich optimistisch zu den Konjunkturaussichten für die Schweiz äußerten, hat sich in den letzten 12 Monaten von 80 auf 41 Prozent reduziert.

Die Bereitschaft, Risiken einzugehen, hat darunter ebenfalls gelitten. 68 Prozent der Finanzchefs wollen derzeit keine höheren Risiken eingehen, heißt es in der Mitteilung weiter. Das seien 19 Prozent mehr als noch vor drei Monaten.

Quelle: http://wirtschaftsblatt.at